Sonntag, 15. Juli 2018

Hannover I


 Hannover

Weiter geht die Reise an der Porta Westphalica vorbei, wo die Weser sich einen Durchbruch aus den Mittelgebirgen in die Norddeutsche Tiefebene gegraben hat, nach Hannover, wo wir die Stätten meiner Kindheit aufgesucht haben (sie liegen ganz in der Nähe des Kanals) und morgen Gisela (die dritte Witwe meines Vaters) besuchen werden.

Wen meine Kindheit interessiert, der kann hier

Da gibt es die Grünewaldstrasse in der ich 10 Jahre gelebt habe. Von dort aus bin ich in die Brüder Grimm Schule gegangen. Eines Tages mit meinem Goldhamster "Maxl" in der Hosentasche, den ich für den Religionsunterricht dabei hatte: "Gehört auch zu Gottes Schöpfung". Maxl ist dann eines jähen Endes gestorben, weil mein Vater ihn an seinem Bierglas nippen lies und er dann ganz torkelich wieder aus dem Bierglas kam. Ich bestand auf kirchlicher Bestattung: So musste er dann mit mir zu einem (entfernten) Kirchhof fahren, dort wurde Maxl in einer Märklin-Schachtel beigesetzt.

Nach der Schule gingen wir oft an den "Tinti", den Tintengraben. 
Heute gibt es nur noch einen Weg dieses Namens und ein ausgetrocknetes Bachbett. Damals (1960) floss dort warme Eisen-braune Brühe von der Firma Pelikan in den Mittellandkanal. Und wir Pökse wussten nichts beseres, als uns an dieser Brühe (vermutlich Kühlwasser aus der Firma) im Weitpinkeln zu messen. 
Heute sind hier von der Firma Pelikan nur noch der Name und die anders genutzten Firmengebäude über. Dabei ist der Name durchaus interessant: Um die Jahrhundertwende des vorletzten Jahrhunderts gab es eine Mode, Tiernamen als Firmenbezeichnungen zu verwenden: Puma, Uhu und eben auch Pelikan. Der Gründer von Pelikan, Günther Wagner, war Anthroposoph. Man sieht diese Prägung noch in der Architektur.
In den 60 Jahren hat sich allerdings einiges verändert: Heute gibt es dort einen neuen Pelikan-Wohnkomplex.


Bevor ich aber in diese Schule kam, hat mich meine Mutter in der Waldorfschule (ohne Wissen meines Vaters) angemeldet.Allerdings fand der Schularzt, das mein Haar noch zu dünn sei, ich solle noch ein Jahr warten. Einen weiteren Versuch wusste mein Vater zu vereiteln. So blieb es bei der damals neu gegründeten Brüder-Grimm-Schule. Nach der 4. Klasse meinte Herr Jürgens, mein Klassenlehrer: "Andreas taugt nicht für die höhere Schule" Das sahen meine Eltern allerdings anders: Ich wurde zur Aufnahmeprüfung im Kaiser-Willhelm-Gymnasium angemeldet.Da erinnere ich nur, dass wir nach Sprichwörtern gefragt wurden. "Langsamer ist schneller" trug ich bei und hörte wie einer der Prüfer zum anderen sagte: "Muss wohl ein Spruch von seinem Lehrer gewesen sein" - "Nee, von meinem Vata!"  versetzte ich.
Ja, dieser Vater - Söhne pflegen ihre autoritären Väter immer in Schutz zu nehmen - war schon gewaltig: "Einer von uns beiden kann nur das letzte Wort haben." "Ja, du!" versetzte ich. Darauf er hielt ich eine schallende Ohrfeige: Bis heute ist unklar, wer von uns beiden nun das letzte Wort hatte.
Immerhin wurde ich gegen seine Lebensempfehlungen zunehmend resistent, sodass er irgendwann resigniert rief: "Mach doch deine Fehler selber!" Wofür ich ihm bis heute dankbar bin. Ich kam also aufs Gymnasium und wurde ein schlechter Schüler. Die Ehe meiner Eltern wurde beendet und ich (mit 14 Jahren) schwer erziehbar. So entstand ein Gespräch zwischen dem Direktor des Gymnasiums und dem Leiter des Landschulheims am Solling (Holzminden): "Walter, ich habe dir schon manchen Goldfisch geschickt. Jetzt habe ich einen - ist kein Überflieger - den musst du mal trotzdem nehmen." So kam ich denn als Stipendiat aufs Internat. Und wurde zwar kein Goldfisch, aber wenigstens Überflieger, wenn auch wegen meines Mundwerks bei den Lehrer gefürchtet und den betuchten Mitschüler nicht beliebt. Mein Vater hatte wegen meiner langen Haare nur die Bezeichnung "Reserve-Christus - so kommst du mir nicht in meine Apotheke, du verscheuchst mir ja die Kunden...." Ich jedenfalls habe die Zeit im Internat genossen.
Und danach? Studium - Beruf - Pension - Reise auf eigenem Kiel, womit wir wieder in der Gegenwart angekommen wären.








1 Kommentar:

  1. Finde Euren Blog spannend und lese ihn fleissig - dieser Beitrag hat mir besonders gut gefallen! Endlich musste ich auch nichts nachschlagen (wie die technischen Begriffe in den anderen Beiträgen)... Danke, Andreas, schön meinen Schwager dadurch etwas besser kennenzulernen :-)

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