Samstag, 4. August 2018

Ystad I

Ein ganz normaler Segeltag und 20 sm?

So ist die Vorstellung. Die Wirklichkeit holt uns schon auf der ersten sm ein. Der Wind nimmt von moderat lansam zu. Also Reff I eingebunden! Mit raumem Wind laufen wir aber bald wieder 8 kn. Also Reff II eingebunden. Das hat der Wind gemerkt. Er nimmt ab. Also Reff II wieder ausschütten. Mittlerweile Kurswechsel: nun kommt der Wind noch mehr von achtern. Wir kreuzen vor dem Wind, damit wir keine Bullentalje setzen müssen. Aber die Halsen bei diesem Wind (und Welle)sind nicht ohne. Obwohl wir den Baum dicht nehmen, kommt er, wenn der Wind die Seiten wechselt, immer noch mit einem Rumps! (Kleiner Härtetest, ob die Schrauben des Travellers hält (da ist die Grosschot, die den Baum hält, befestigt).
Nun lässt der Wind noch mehr nach. Also auch Reff I ausschütten. Da kommt er wieder: 8 kn. Also erst Reff I, dann Reff II wieder eingebunden. Vorsegel weg. Trotzdem sind wir immer noch schnell.
Auf diese Weise nähern wir uns nach 5.5 h langsam Ystad. Nun entsteht eine engagierte Diskussion, wo denn die Hafeneinfahrt sei. Als wir sie endlich anlaufen, briest der Wind noch einmal auf. Wir müssen nun unter Motor aufpassen, dass wir nicht von ihm einfach auf die Steine der Hafenmauer gedrückt werden, also vorhalten. Als wir dann schliesslich in den Hafen einlaufen, weiss der Wind nichts besseres, als mitten in einem Wendemanöver zwischen den Booten noch einmal so richtig zu zulangen und das Manöver nachhaltig zu stören. Wir lernen: Vom Vorwärtsgang in den Rückwärtsgang darf man den "Gas"-Hebel nicht einfach durchreissen, sonst fährt das Boot plötzlich nicht - wie eigentlich gewünscht - rückwärts, sondern "Volldampf " weiter vorwärts.
Als wir endlich gut vertaut am Anleger liegen, gehen wir erstmal Ystad angucken und essen. Abends auf dem Schiff noch einen Gute-Nacht-Trunk:Ein ordentlicher Schluck Tee. Denkste! Es war Essig zum Entkalken, sah zwar gut aus, schmeckte aber nicht wirklich....

Freitag, 3. August 2018

Givslöv Läge

Auf nach Schweden

v.l.n.r.: Genacker, Fock, Gross
Weiterhin heisses Hochdruckwetter: Wind flaut gegen Mittag ab und kommt am Nachmittag wieder. Aber immerhin Wind aus SW-W. Nach einer Nacht ohne Stromanschluss ist die Batterie am Ende. Der Generator muss laufen, obwohl wir mit Wind segeln. Und bei dem Wind volle Garderobe: alle drei Segel. Dabei gibt es wieder bis zu 7 kn Fahrt. Nun kommt ein neuer Ton an Bord: Der ganze Rumpf vibriert mit  einem sehr tiefen Ton (ca. 30 Hz). Tiny brummt. Ob das ein Zeichen von Wohlgefühl oder eher ein Leidenszeichen ist müssen wir noch sehen....

Unterwegs müssen wir ein Verkehrstrennungsgebiet queren. Das muss auf kürzestem Wege geschehen, also genau quer. Für uns heisst das: Platt vorm Wind. Wir segeln also Butterfly (ein Segel auf Backbord, das andere auf Steuerbord) Das ist recht anspruchsvoll, weil beide Segel ihren Wind nur bekommen, wenn er genau von hinten kommt. Damit wir nicht. eine Patenthalse riskieren (der Baum käme dann mit Karacho über das Deck. Da hiesse es "Kopf weg!") Binden wir ihn ausgebaumt mit einem Bullenstander (Leine) an der vorderen Klampe (Haken, zum Festbinden des Bootes) fest. Endlich findet auch Yvonne, dass der längere Mast und der Genacker für Leichtwind-Bedingungen eine gute Entscheidung gewesen ist.

Unterwegs erfrischt sich meine Lebenskünstlerin (von kühlem Norden keine  Rede) neben ihrem Beobachter am liebsten "von Kopf bis Fuss". In Anbetracht der Bootsgeschwindigkeit hier aber nur "bis Fuss".

Nach 7.5 h Fahrt und 33 sm betreten wir schwedischen Boden. Gislövs Läge, ein kleines Örtchen, in der Nachbarschaft von Trelleborg. Wir haben es schon vor 5 Jahren besucht auf unserer Tandemtour Sylt-Stockholm. Damals ist es abendliche Flucht aus dem uns nicht zusagenden Zeltplatz von Trelleborg gewesen - nicht ahnend, dass wir hier auf eigenem Kiel wieder anlanden werden.

Donnerstag, 2. August 2018

Roedvig

Vergangenheitsbewältigung

Hier (Klintholm) wird es allmählich ruhiger, die Deutschen Urlauber kehren heim und unser Kurs ist weiterhin Nord. Unvorstellbar, aber in unserer Tiny ist ein richtiger Haushalt entstanden. Die Abläufe sind schon gut eingespielt, es ist grad sehr gemütlich. Käffeli, Strom, gutes Internet, Schatten...


Wir wollen heute noch nach Røedvig, dort waren wir vor vier Jahren auf dem legendären CCS Turn 3 Nächte im Hafen eingeweht , es hatte Sturm. Für uns ein historischer Ort, denn damals kehrte ich heim und habe Andreas gesagt: „Das Segeln ist nichts für mich! Ich brauche Boden unter den Füssen, will nicht aufs Wasser.“ Er hatte damals schon die Idee, ein Schiff zu bauen. Er sank in sich zusammen, besann sich und antwortete:“Ich werde das Schiff trotzdem bauen, das ist jetzt mal für mich!“ So ist es ja dann auch gekommen.

Die wundersame Wendung, plötzlich war ich im Projekt dabei! Ab Innenausbau war mein Hüttenbau-Trieb angestachelt und dieses kleine, schwimmende Häuschen ist es ja auch, was mir daran gefällt. Man kommt auf diese Weise sehr naturig vorwärts und kommt an zauberhafte Orte.

Wie es uns damals ergangen ist, habe ich (AH) hier in einem Törnbericht für den CCS festgehalten.



Mittwoch, 1. August 2018

Klintholm



So ist Segeln schön!

Nachdem wir gestern so richtig Wind gehabt haben - aus der ziemlich falschen Richtung, haben wir heute, nach Durchzug einer Front, NW-Wind. Das ist immer noch hoch am Wind  für unser nächstes Ziel, aber glücklicher Weise ablandigen Wind: Es entsteht kaum Welle, weil der Wind nur einen kurzen Fetch auf dem Wasser hat (er kann nicht lange einwirken um eine Welle aufzubauen.) So segeln wir bei moderaten Winden ungerefft los. Der Wind lässt aber bald nach, also setzen wir alle drei Segel um überhaupt noch ein wenig Geschwindigkeit zu erreichen. Schliesslich hilft auch das nicht mehr: Der Wind schläft um Mittag ganz ein.
Motor (unter Batterie) an: Wir tuckern in den Hafen von Klintholm ein, der in knalligen Hitze knalle voll ist. So quetschen wir uns noch in eine Lücke, in die die Dickschiffe alle nicht passen, wir aber gerade noch uns hineindrücken können.Tja: Tiny hat Vorteile.


Zum Sonnenuntergang ein Symbol des anhaltenden Ehefriedens: Ein gemeinsames Softeis: Yvonne isst es als Glacé, ich als Eis: Schmecken tut es uns beiden.



Dienstag, 31. Juli 2018

Hesnaes


Yvonne an der Mole mit Wind und Sprühwasser im Hintergrund

20° Lage!


Eigentlich hätte es ganz harmlos sein sollen, ist es auch, wie ich finde, aber für meine kleine Alpen gewohnte, Schweizer Heidi war die Sicht des deutschen Michel überhaupt nicht massgebend! Der Wind pfeift ins Rigg und wir bekommen Lage. (Boot neigt sich auf die Seite). Das erste Mal richtig Wind! Dabei haben wir schon ein Reff im Segel und Yvonne sitzt an der Pinne. Sie schluchst nur noch sichtlich überfordert. Hier wäre die "ist doch alles in Ordnung" - Strategie eine totale Verkennung der seelischen Lage. Also übernehme ich die Pinne, falle ein wenig ab, das Boot richtet sich  wieder auf und spreche ihr anerkennend gut zu. Sie ist ja auch wirklich tapfer.

Eben Tiny: winzig
Der Wind bleibt aber und wir müssen nach Umrundung des Kaps hoch an den Wind, was heisst: Welle ziemlich von vorn (Boot stampft sich von Zeit zu Zeit in den Wellen fest) und zum Wind kommt noch der Fahrtwind, es bläst also ziemlich. Ausserdem kann ich es es nicht lassen und fahre mit einem Dickschiff (34") eine kleine "Regatta". Wir bringen immerhin in den Spitzen 7 kn auf die Logge. Wir werden die "Konkurrenz" im nächsten Hafen als nettes altes Ehepaar antreffen.


Für sie sind diese Wind-verhältnisse noch moderat, wir aber binden Reff II ein und werden langsamer, aber zu Yvonnes Erleichterung aufrechter.
So kommen wir in das kleine Häfchen Hesnaes.
Dort unternehmen wir dann noch einen ausgedehnten Abendspaziergang entlang der Steilküste von Moen, begegnen Dolmen und haben im Hafen Schutz vor Wind und Wetter.





Montag, 30. Juli 2018

Gedser II

Nur Sein




(YH) Heute ist Hafentag, ich bin begeistert. Es ist zauberhaft friedlich hier. Im Hafen ist es still, obwohl doch noch einige Boote hier liegen. Aber es sind moderate Schiffe, keine Bonzenbarken wie in Grömitz. Familien mit Kindern und kleinere Besatzungen. Alle suchen hier die Stille. Die Geräusche sind verhalten, kein Gegröle, keine Motorbootspielzeuge, die im Hafen kreisen.


Der Morgen beginnt mit einem Dauerlauf. Dank meiner Polar-App weiss ich immer, wieviele Kilometer ich schon gelaufen bin. Die Strecke führt mich die Ostsee entlang. Es ist sehr einsam, ein Acker direkt hinter dem Weg an der Küste. Auch hier ist es heiss. Da gönne ich mir einen Unterbruch und tauche in die klare und warme See. Danach ist Schluss mit dem Training. Überwältigt von der Schönheit sitze ich nach dem Bad am Ufer und blicke aufs Meer. Die Seele hat Raum, kann sich über die Weiten ausbreiten. Meine verstorbenen Freundinnen kommen mir in den Sinn. Das Jenseits ist am Meer spürbarer. Tief betroffen und berührt ob der Szenerie kehre ich zu Andreas zurück.

Abends genossen wir dann die Abendstim-mung mit einem kleinen Bad und zwei grossen Hühnergöttern.



EMail-Verkehr wird erledigt
(AH) Mein Hafentag ....

Sonntag, 29. Juli 2018

Gedser I

 Mit vollen Segeln in die Flaute

Früh morgens geht es los - noch nüchtern - sind wir bereits um 7:45 unterwegs. Bald ausserhalb des Hafens wird das Gross gesetzt und dann die Fock ausgerollt. Pah! Ausgerollt - 2 Umdrehungen und dann ist Schluss! Irgendetwas klemmt. Das lässt sich trotz einiger Versuche nicht beheben. Da der Wind nicht zu stark ist, setzen wir also den Genacker. Der ist zwar viel leichter als die Fock, segelt sich aber nicht so leicht. Arme Yvonne an der Pinne - sie geht durch den Wind, der Genacker steht back, es pfeift furchtbar, Boot bekommt Lage und der Mann gibt dezidierte Kommandos, die zum Overload führen: "Mach Du!" Mit Motorhilfe kommen wir wieder auf die richtige Seite und alles ist, wie es soll.
Wir wollen heute 40 sm hinter uns bringen, und der Wind treibt uns nur mit 3 kn voran (das wären dann 40 sm /3 sm/h = 13 h. Aber der Wind schläft nach 1 h ganz ein. Es umweht uns nur noch der Fahrtwind. Das Meer wird glatt und ölig. Auch das Licht wird trüb. Zeit den eigenen Gedanken nachzuhängen.
 Also Segel wieder herunter und Motor an.  Nach 10 h laufen wir in Gedser ein, nachdem wir vorher die Gastlandflagge von DE auf DK gewechselt haben.


Doch der Abend im Hafen entschädigt für alles. Er bildet einen Kontrast zu Grömitz und seinem Touristen-Rummel. Hier herrscht gemütliche Ruhe, das Restaurant gibt ein feines Essen - und wir geniessen den Abend. Anschliessend rechnet mir Yvonne vor, was das gekostet hat. "Na komm, teil die Kronen mal durch 6.5" antworte ich ungläubig. Sie sitzt hinter ihrem Handy: "Ich habe hier einen Wàhrungsrechner" bemerkt sie trocken. Uff, 100 Stutz für ein Essen, das allerdings gut war. Ja "Segeln ist unter der Dusche stehen und 50 €-Scheine zerreissen" - und momentan hat die Dusche auch noch Wassermangel. Egal, es ist zauberhaft, "einfach richtig dänisch" (Yvonne): Wir bleiben auch morgen noch hier.